MDR Webinar von Christian Johner – Eine Zusammenfassung

Screenshot @ Sebastian Kern
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Spätestens seit der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU Ende Mai ist die neue MDR das Thema in der Medizintechnikbranche. Es gab von mir, aber auch von Prof. Dr. Christian Johner, bereits zahlreiche Blog-Artikel, die die Neuerungen und Unterschiede zur MDD beschreiben.

Um den Medizintechnik-Unternehmen einen Überblick zu verschaffen, hat Christian Johner am vergangenen Dienstag ein Webinar zu dem Thema gehalten. Da noch nicht sicher ist, ob eine Aufzeichnung des Webinars zur Verfügung gestellt wird, will ich die wichtigsten Punkte kurz zusammenfassen.

Zusammenfassung MDR-Webinar

MDR löst MDD ab

  • Die MDR (und auch die IVDR) gilt direkt nach der Veröffentlichung, ohne dass diese, wie z.B. die MDD, zuerst in nationales Gesetz überführt wird.
  • Die MDR löst die MDD und die AIMDD ab.
  • Beim Thema Übergangsfrist sind eigentlich drei Fristen zu beachten (vgl. Blogartikel „Medizinprodukteverordnung (MDR) – Übergangsfrist: Ein Spiel auf Zeit!“):
    • Frist für das Inverkehrbringen
    • Die Frist für Bereitstellung ( = Abverkauf)
    • Frist für erstmalige Inbetriebnahme
  • Der Anhang I (Grundlegende Sicherheits- und Leistungsanforderungen) wurde u.a. um das Thema Risikomanagement erweitert. Im Wesentlichen finden sich hier die Forderungen der 14971 wieder. Ebenfalls finden sich Forderungen aus der 62304 und der 62366. Als Daumenregel kann man sagen: Wer sich an die gängigen Normen hält, ist zumindest auf einem sehr guten Weg.
  • Beim Thema Gemeinsame Spezifikation hat sich die EU-Kommission einen Weg geschaffen, um nahezu jederzeit neue Gemeinsame Spezifikationen zu erlassen, wenn es keine harmonisierten Normen gibt, diese nicht ausreichen oder Belangen der öffentlichen Gesundheit Rechnung getragen werden muss.

MDR fordert QM-System

  • Im Gegensatz zur 13485 muss nach der MDR nun ein QM-System vorhanden sein, das nicht nur aufrechterhalten, sondern auch verbessert wird. Inhaltlich decken sich die Forderungen aber weitgehend mit der 13485. Wer also ein 13485 konformes QM-System hat (nicht zwingend zertifiziert – je nach Konformitätsbewertungsverfahren) ist auch hier auf einem guten Weg.
  • In der MDR gibt es jetzt einen Anhang, der die Anforderungen an die technische Dokumentation beschreibt. Die Forderungen sind ähnlich, aber deutlich präziser und auch weitreichender. (vgl. Blogartikel „Medizinprodukteverordnung (MDR) – Technische Dokumentation: MDD versus MDR“)
  • Die Regel zur Klassifizierung von Software (Regel 11) wurde dramatisch verschärft. Eigentlich kann man
    Screenshot @ Sebastian Kern
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    sagen, dass kaum noch Software in die Klasse I fällt, (zu dem Thema wird es demnächst noch einen weiteren eigenen Blogbeitrag geben) da – sobald eine Verwendung zum Zweck der Diagnose vorliegt – mindestens Klasse IIa zutrifft.

  • Beim EU-Konformitätsverfahren ist für Klasse IIb und Klasse III Medizinprodukte hinzugekommen, dass besondere zusätzliche Verfahren unter Einbeziehung von Experten zum Einsatz kommen. Die Benannte Stelle alleine reicht hier nicht aus.

Sicherheit, Leistung, Nutzen

  • Die klinische Bewertung hat das Ziel, ein Produkt hinsichtlich der Sicherheit, der Leistung und des klinischen Nutzens zu überprüfen. Dabei stützt sich die Prüfung auf klinische Daten. Diese klinischen Daten kommen entweder von einer klinischen Prüfung (des eigenen Produktes) oder von klinischen Bewertungen bestehender, äquivalenter Produkte sowie aus wissenschaftlicher Literatur, klinischen Erfahrungen oder der Marktbeobachtung. Das Kapitel klinische Bewertung und klinische Überprüfung enthält 20 Artikel. Das Gute daran, 19 davon befassen sich mit der klinischen Prüfung und nur einer mit der klinischen Bewertung.

Das sollte es gewesen sein, bzw. das war das, was ich mir notiert habe.
Zunächst einmal muss ich ein großes Lob an Christian Johner und sein Team aussprechen, die das Monster MDR wirklich fein säuberlich seziert und aufbereitet haben. Natürlich kann ein 45 Minuten Webinar nicht alle Details abdecken, aber das war durchaus ein guter Überflug über die MDR und die relevanten Änderungen.

Auch ich kann den Medizintechnikunternehmen nur raten sich möglichst schnell einen Fahrplan zurecht zu legen. Etwas Zeit bleibt ja noch, aber in ein paar Jahren ist die Schonfrist rum und die MDR ist das Maß aller Dinge. Ich hoffe, dass heftige Schnitzer, wie z.B. die Regel 11 zur Klassifizierung von Software, noch nachreguliert werden.