Männer, die auf Excel starren

Kennst du auch diese Tage, an denen du von Projektmeeting zu Projektmeeting springst? Am Ende des Tages bist du total platt, hast aber das Gefühl, einfach nichts geschafft zu haben. Solche Tage und solche Meetings regen mich einfach auf!

Alle Meetings? Nein, natürlich nicht alle Meetings, aber doch die meisten – denn oft sind diese Besprechungen kaum mehr als reine Zeitverschwendung.

Das fängt schon bei der Anzahl der Teilnehmer an. Das typische Phänomen von Regelmeetings (neudeutsch Jour-Fixe, fester, wiederkehrender, gemeinsamer Termin einer **kleinen** Personengruppe) ist, dass mit der Zeit immer mehr Leute daran teilnehmen. Irgendjemand meint mit der Zeit immer, dass diese Person da bestimmt auch irgendetwas beitragen kann. Je größer der Teilnehmerkreis wird, umso schwieriger wird die Kommunikation. Außerdem verkommt die Besprechung (von „miteinander sprechen“) mehr und mehr zur Informationsveranstaltung.

Für eine effektive und effiziente Kommunikation empfiehlt der ScrumGuide übrigens eine Teamgröße von 5 – 9, weil in dieser Größe die Kommunikation noch beherrschbar ist.

Es wird aber oft verpasst, Teilnehmer auch wieder auszuladen – derjenige könnte ja gekränkt reagieren. Typischerweise nutzt aber derjenige Teilnehmer seine Chance nicht, sich nach seinem Wertbeitrag wieder aus dem Regeltermin auszuklinken. Der moderne Homo Curiosius könnte ja etwas verpassen und außerdem sind Meetings vielleicht eine willkommene Abwechslung zum sonst eher drögen Job. Da man auch nichts beitragen kann, kann man dann die Zeit nutzen, um bei Amazon die neuesten Angebote zu sichten oder den neuesten Klatsch und Tratsch bei Twitter zu lesen. Kaum ein paar Jahre im Unternehmen ist man nur noch damit beschäftigt von Meeting zu Besprechung und zum nächsten Jour-Fixe zu hetzen und zwischendurch in die Mittagspause zu gehen.

Vorbereitung ist das halbe Leben

Ich denke, den Spruch hat jeder, der im Kindergarten angekommen ist, mindestens schon einmal gehört. Trotzdem ist diese ominöse *Vorbereitung* eine vom Aussterben bedrohte Spezies. Man stelle sich vor, eine Person würde etwas Zeit investieren, um ein Meeting vorzubereiten. Vielleicht verteilt sie sogar noch eine Agenda vorab. Man könnte fast meinen das wäre ja effizient. Stattdessen passiert die Vorbereitung – wenn überhaupt – erst wenige Minuten vor der eigentlichen Besprechung.

Wer kennt nicht den beliebten Spruch „Welche Themen habt ihr heute?“. Weil man ja dann eh schon zusammensitzt, fallen bestimmt einige Themen ein – auf die sich natürlich keiner vorbereiten konnte, weshalb die notwendige Diskussion, um jeden erstmal auf den aktuellen Stand zu bringen, schon eine gefühlte Ewigkeit dauert. Stellen wir uns einmal vor, ein Meeting wäre vorbereitet, die Agenda rechtzeitig (> 10 Minuten vor dem Termin) verschickt und die Teilnehmer hätten sich ausreichend damit auseinander gesetzt. Ich denke, man könnte in der geplanten Zeit tatsächlich einiges entscheiden und voranbringen und hätte am Ende sogar noch Zeit für ein paar persönliche Anekdoten – klasse!

Alles wird besser mit dem richtigen Werkzeug

Jetzt müssen wir mal über das Thema Werkzeuge reden. Damit meine ich jetzt nicht Hammer und Meißel, sondern ein Werkzeug, um irgendwie ein Protokoll des Meetings für die Nachwelt festzuhalten. Gründe für Besprechungsnotizen gibt es genug. Natürlich haben nicht immer alle Teilnehmer Zeit und wollen trotzdem informiert sein. Vielleicht verlangt eine Norm wie die ISO 9001 eine Art der Aufzeichnung von Entscheidungen. Schon bei Punkt 1 versagt leider das einfache Notizbuch und ein Scan oder Bild von handschriftlichen Notizen birgt das hohe Risiko, dass beim Dechiffrieren doch der ein oder andere Fehler passiert.

Sofort bietet sich ein Werkzeug aus dem – in fast jedem Unternehmen vorhandenen – Microsoft Office Paket an. Spätestens hier springt dir Excel förmlich ins Gesicht. Im Vergleich zu Word erlaubt es einfach Zeilen nach z.B. einer Priorität zu sortieren. Schön und gut, aber Excel ist eine Software für Tabellenkalkulation. Microsoft hat nie behauptet, dass Excel ein gutes Tool für Protokolle oder die Erfassung von Requirements ist. Trotzdem ist es nach wie vor das meist genutzte Requirements Management Werkzeug der Welt.

Wenn dein einziges Werkzeug ein Hammer ist, wirst du jedes Problem als Nagel betrachten –  Marc Twain

Bitte nicht falsch verstehen: Excel ist kein schlechtes Produkt, ganz im Gegenteil, aber es wird viel zu oft für den falschen Zweck verwendet. Was sich dagegen ganz hervorragend für die Dokumentation von Besprechungen eignet ist OneNote, wenn man im Microsoft Universum bleiben möchte, oder das quelloffene und webbasierte System 4Minitz.

Ein Sheet sie zu knechten

Abenteuer aus dem Nerdreich - Menschen, die auf Excel starren
Menschen, die auf Excel starren.

Leider leben wir aber nicht in einer Traumwelt und müssen oft mit diesem Excel vorlieb nehmen. Was mir dann immer ganz besonders gefällt, sind riesige Excel Tapeten, die kaum lesbar sind. Aber Lesen ist ja nur das halbe Problem. Das Gesehene verstehen wäre das, was man wirklich will.

Richtig abgefahren wird es, wenn man sich Pivot-Tabellen anschaut und versucht diese geistig zu durchdringen. Pivot-Tabellen sind übrigens ein tolles und mächtiges Werkzeug, wenn man mal kapiert hat wie sie funktionieren. Im Nachhinein herauszufinden, wieso die eine Zelle in der Pivot-Tabelle nicht das erwartete Ergebnis enthält, ist eine Freude – Nicht!

Dann passiert nämlich das, worauf alle gewartet haben. Ein Meetingteilnehmer, nennen wir ihn „Herbert“, erklärt: „die Zelle AZ87 kann so nicht stimmen!“. Ab jetzt können sich alle bis auf zwei Meeting-Teilnehmer zurücklehnen, einen Kaffee holen oder doch schnell auf Twitter checken, wie es weltpolitisch so ausschaut. Denn spätestens ab jetzt versucht der arme Ersteller, nennen wir ihn „Rüdiger“, irgendwie herauszufinden, wieso denn dieser verflixte Wert nicht stimmt. Herbert predigt manisch, dass das so ja nicht stimmen kann. Nach einem deep-dive bis hin zur Datenquelle steht dann fest, dass das Ergebnis vielleicht doch mehr oder weniger richtig oder falsch war und wir soeben die Lebenszeit einer Eintagsfliege vernichtet haben.

Hätte hätte Fahrradkette

Natürlich war die eben geschilderte Szene und die beiden Akteure frei erfunden. Aber man stelle sich nur einmal kurz vor man hätte das Excel Sheet rechtzeitig fertig gehabt und vielleicht hätte man den relevanten Beteiligten die Zahlen zur Überprüfung vorab geschickt. Dann wäre es wirklich möglich gewesen, dass die Excel Tapete am Ende stimmt und man sich in der Besprechung auf das Wesentliche konzentriert – nämlich die Maßnahmen, die sich aus den Zahlen ergeben. Die Maßnahmen, die dann von den Beteiligten gemeinsam erarbeitet werden und bei denen am Ende jeder weiß, was er zu tun hat.

Am Ende ist man immer schlauer…

… sollte man meinen. Leider sieht die Realität anders aus. Deshalb ein ganz konkreter Aufruf, der auch ganz wunderbar zu unserem Jahresmotto „Verlässlichkeit“ passt: Versucht doch mal Meetings ordentlich vorzubereiten, definiert die Teilnehmergruppe richtig und ladet nur die Leute ein, die wirklich beteiligt sind. Verschickt rechtzeitig eine Agenda und teilt wichtige Infos vorab zur Überprüfung mit. Vertagt Detailklärungen, die 80% der Beteiligten langweilen, und nutzt die Zeit, um ein (dürfen auch mehr sein) echtes Ergebnis zu produzieren.